Dankesrede anlässlich der Verleihung des Peter-Wust-Preises 2023

Am 1. Juli 2023 wurde mir in Trier der Peter-Wust-Preis verliehen: als Anerkennung für meine “inspirierende mediale Präsenz zu Lebens- und Glaubensfragen, für mein öffentliches Auftreten und mein Engagement als Speakerin, philosophische Seelsorgerin und Mutmacherin“. Hier ein Auszug aus meiner Dankesrede.

Der amerikanische Journalist Hunter S. Thompson war berühmt für seine ungewöhnliche Recherchen. Um einen authentischen Bericht über die „Hell’s Angels“ zu schreiben, verbrachte er ein ganzes Jahr mit den Rockern. Seine Honorarforderung: zwölf Dollar pro Wort. Als dies bekannt wurde, schickten ihm Studenten aus Spaß einmal zwölf Dollar. Dafür solle er ihnen sein bestes Wort zukommen lassen. Es kam postwendend: „Danke!“

Danke! – Das ist auch mein bestes Wort an diesem festlichen Tag, an dem ich den Peter-Wust-Preis empfange. Aber auch grundsätzlich. Und mit diesem einen besten Wort könnte ich es auch schon belassen, denn das Entscheidende wäre gesagt!

Doch natürlich möchte ich es dabei nicht bewenden lassen, sondern möchte Ihnen, den Mitgliedern des Preisausschusses, danken für die große Ehre, dass Sie mir den Peter-Wust-Preis verleihen. […] Es macht mich einfach glücklich, dass Sie mein öffentliches Wirken in den verschiedenen Medien und Formaten so wertschätzen. Und es erfüllt mich mit Freude, dass Sie in Ihrer Preisbegründung so punktgenau mein zentrales Anliegen benennen, was mich in meinem Schreiben und Sprechen leitet, nämlich: über Fragen des Lebens und des Glaubens sowohl mit säkular denkenden und empfindende Menschen als auch mit gläubigen Menschen ins Gespräch zu kommen. Danke, dass Sie sich so intensiv mit meinem – ich sag mal so – „bunten Oeuvre“ auseinandergesetzt haben und für den Peter-Wust-Preis vorgeschlagen haben. Danke für die darin liegende Ermutigung und Bestärkung, meinen doch eher ungewöhnlichen medialen Weg weiterzugehen. […]

Dass ich heute den Peter-Wust-Preis entgegen nehmen darf, verdankt sich vielen Menschen: Zuallererst meinen Eltern, meinen Geschwistern, Freundinnen und Freunden, meiner Gemeinschaft. Meinen theologischen und philosophischen Lehrern. Ich verdanke es all jenen, die mich in meiner Tätigkeit als Autorin und Podcasterin inspirieren und die an mich glauben, wenn ich an meiner Kreativität zweifle. Und in Anlehnung an Peter Wust formuliert danke ich allen, die mich in meinem Unterwegssein begleiten; die mich bestärken, die Ungewissheit des Lebens anzunehmen, und die immer wieder meine Sehnsucht wecken, das schöne Wagnis einzugehen, ganz auf Gott zu bauen.

Und so könnte meine Dankbarkeit immer weitere Kreise ziehen: dafür, in einem Westeuropa ohne Krieg aufgewachsen zu sein, Bildungschancen zu haben und so weiter und so weiter.

Der Dankbarkeit wohnt eine Dynamik inne, die immer weiter ausgreift – bis ins Grenzenlose.

“Triffst du nur das Zauberwort”

Als Jugendliche habe ich das Gedicht „Wünschelrute“ von Joseph von Eichendorff auswendig gelernt. Es beginnt so: „Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.“ Oft habe ich über das Zauberwort nachgedacht, das die Welt zum Singen bringt. Und ich war überrascht, als mir vor einigen Jahren ein Tagebucheintrag von Franz Kafka in die Hände fiel, der eine ähnliche Überzeugung zum Ausdruck bringt.

Kafka notiert: „Es ist sehr gut denkbar, dass die Herrlichkeit des Lebens um jeden und immer in ihrer ganzen Fülle bereitliegt, aber verhängt, in der Tiefe, unsichtbar, sehr weit. Aber sie liegt dort, nicht feindselig, nicht widerwillig, nicht taub. Ruft man sie mit dem richtigen Wort, beim richtigen Namen, dann kommt sie. Das ist das Wesen der Zauberei, die nicht schafft, sondern ruft.“

Im Leben jeder Person gibt es Augenblicke, in denen sie etwas unwahrscheinlich anrührt. Intensive Momente, in denen man spürt, was das Leben in seiner Tiefe bedeutet. Und dass alles irgendwie in Ordnung ist. Vielleicht ist es die Geburt eines Kindes, die Scheu angesichts der Unendlichkeit des Universums, ein taufrischer Frühlingsmorgen. Oder der Augenblick, in dem es still wird in einem, wirklich still …

Dankbarkeit erscheint mir als ein Wort, das diese verborgene „Herrlichkeit des Lebens“ beim Namen ruft. Denn sie weckt die Erinnerung an etwas, was sonst vergessen würde. Sie bringt ans Licht, was ohne sie nicht sichtbar wäre: Jene Augenblicke, in denen die Schönheit des Lebens aufleuchtet.

Dankbarkeit bewirkt, dass wir den Tag noch vor dem Abend loben können.

Eine 3-D-Brille

Die christliche Tradition ist davon überzeugt, dass alle Menschen spirituell begabt sind. Und dass jede und jeder – vielleicht auch nur eine Sternschnuppe lang – erahnen kann: Ich bin aufgehoben in einem großen Zusammenhang, der mich und alles von innen her trägt. Ein Zusammenhang, der Liebe heißt. Die Bibel drückt dies mit den Worten aus: In Gott leben wir, bewegen wir uns und sind wir. (vgl. Apostelgeschichte 17,28)

Der Glaube vermag uns die Augen zu öffnen für dieses göttliche Milieu, in dem wir uns immer schon bewegen. Er wirkt wie eine 3-D-Brille, die uns die Tiefendimension des Lebens erschließen kann. Und spirituelle Übungen gleichen Sehhilfen, um wach zu werden für die „Herrlichkeit des Lebens“, die jederzeit und für jede in ihrer ganzen Fülle bereitliegt.

Dankbarkeit ist eine der einfachsten spirituellen Übungen, die einem die Tiefendimension der Wirklichkeit erschließen kann. Denn Dankbarkeit braucht eigentlich nur eines: den jetzigen Augenblick!

Und damit schließe ich: Dass ich einen Augenblick innehalte und auch Sie einladen innezuhalten. Den jetzigen Augenblick wahrzunehmen… ……………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………..

Dass wir hier zusammen sind ist alles andere als selbstverständlich. Und so lautet mein bestes Wort: Danke!

Fotos: © Wolfgang Raab

Lesetipp:

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