Auf den Punkt gebracht: Wie lässt sich Zuversicht stärken?

Was ein schwarzer Punkt auf einem weißen Blatt über deine Kraft zur Zuversicht verrät. Wie du diese stärken kannst. Und warum es gut ist, am Morgen die passende Brille aufzusetzen – das erfährst Du in diesem Beitrag.

Eines Tages kam ein Professor in die Klasse und schlug einen Überraschungstest vor. Er verteilte sogleich das Aufgabenblatt, das wie üblich mit dem Text nach unten zeigte. Dann forderte er seine Studierenden auf, die Seite umzudrehen und zu beginnen. Zur Überraschung aller gab es keine Fragen – nur einen schwarzen, unregelmäßigen Punkt ungefähr in der Mitte der Seite.
Nun lächelte der Professor und sagte: „Ich wollte Ihnen eine Aufgabe zum Nachdenken geben. Niemand hat etwas über den weißen Teil des Papiers geschrieben. Jeder konzentrierte sich auf den schwarzen Punkt – und das gleiche geschieht in unserem Leben. Wir haben ein weißes Papier erhalten, um es zu nutzen und zu genießen, aber wir konzentrieren uns immer auf die dunklen Flecken.

Die eigene Zuversicht zu stärken, beginnt mit der Frage: Wie nehme ich die Welt wahr? Wie blicke ich auf die Realität?

Zahlreiche Studien zeigen, wie unzuverlässig unsere Wahrnehmung arbeitet. Dazu gehört auch die einseitige Konzentration auf das Negative. Vermutlich kenne Sie das auch: Wie von selbst beschäftigt sich unser Gehirn vor allem mit den „dunklen Punkten“: mit dem, was fehlt oder belastet – ein Konflikt, eine nervige Kollegin, gesundheitliche Beschwerden … – oder mit dem, was in der Welt schiefläuft. Das Positive hingegen gerät, ähnlich wie das weiße Blatt, schnell aus dem Blick. Wir nehmen es als selbstverständlich hin. Angefangen von der Meisterleistung unseres Körpers, der ständig Signale sendet und auf diese Weise sein Gleichgewicht reguliert, über die lichten Seiten des Alltäglichen bis hin zu erfreulichen persönlichen oder gesellschaftlichen Entwicklungen.

Der Negativfokus hat viele, durchaus auch sinnvolle Gründe! Das Problem liegt in der Einseitigkeit. Es braucht Beides: den Blick auf das Negative und Schwierige UND die Aufmerksamkeit für das Positive und Mutmachende. Letzteres gibt uns erst die Kraft und Zuversicht, wieder aufzustehen, wenn das Leben uns in die Knie gezwungen hat.

Praxistipp: Am Morgen die passende Brille aufsetzen

Um die Gewohnheit zu durchbrechen, sich vor allem auf das Problematische zu konzentrieren, kommt dem Tagesbeginn eine besondere Bedeutung zu. Jeder Morgen bietet die Chance, dass Sie Ihre Aufmerksamkeit in eine bestimmte Richtung lenken und sich für einen bestimmten Fokus entscheiden. In einem Bild ausgedrückt: Sie können am Morgen unterschiedliche Brillen aufsetzen. Je nachdem, welche Brillentönung Sie wählen – eine dunkle, eine helle, eine rosarote … –, wird Ihr Tag in ein anderes Licht getaucht. Wird er eine unterschiedliche Färbung erhalten. Einen ähnlich großen Unterschied macht es, ob Sie sich zu Beginn eines neuen Tages bewusst für einen offenen, bejahenden Fokus entscheiden, oder ob Sie eine eher misstrauisch-abwehrende Brille aufsetzen. Ihre Welt wird jeweils eine andere sein! Ihr Tag wird jeweils ein anderer sein!

Mir persönlich hilft ein lyrischer Text, den ich mir jeden Morgen in Erinnerung rufe, indem ich ihn leise vor mich hinspreche. In diesem Gedicht von Andreas Knapp namens „Laudes“ heißt es:

wenn nach Schreckstunden des Dunkels  
der Morgen die Augen aufschlägt
geh ihm singend entgegen

erwache ins Lob  
und das Lob weckt dir die Welt
dass sie dir singe

(Andreas Knapp)

Lesetipp:

Zuversicht ist eine innere Kraft, die vieles zum Positiven verändern kann. Mit ihrer Hilfe können wir in schwierigen oder scheinbar aussichtslosen Situationen neue Perspektiven entdecken. Doch wie gelingt es, angesichts eines persönlichen Schicksalsschlags oder gesellschaftlicher Herausforderungen die Zuversicht zu bewahren?
Dieses Buch geht darauf ein und zeigt, welche Kraft sich entfaltet, wenn man an das Morgen glaubt.

Aus: Melanie Wolfers, Zuversicht – Die Kraft, die an das Morgen glaubt, bene! Verlag 2021, 14-18
»Laudes« aus: Andreas Knapp, Brennender als Feuer. Geistliche Gedichte, © Echter Verlag, Würzburg 2012, 9. Aufl. 2020, S. 35
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